Aus dem Hause InXile Entertainment, die auch Wasteland 2 entwickelt haben, folgte vor kurzem der Release von Torment: Tides of Numenera. Im geistigen Folge ist der Title der Nachfolger des Pan&Paper Rollenspiels Planescape: Torment, wobei sich die Grundgeschichte und Elemente viel mehr auf Torment beziehen, als auf Planescape. Jeder interessierte Spieler wird wissen, das dieser Titel durch eine Crowdfoundig Kampagne auf Kickstarter.com finanziert wurde und nach Ablauf der Kampagnezeit mit 4,2 Millionen US-Dollar als das höchstfinanzierte Spielesoftwareprojekt auf Kickstarter galt. Recht früh wurde bekannt, das sich die Entwickler bei diesem Titel viel mehr auf den Handlungsverlauf und die Dialoge fokussierten als auf die Kämpfe selbst. Und gerade das ist eigentlich das, was diesen Titel letztendlich auch ausmacht. Ich habe mir Torment: Tides of Numenera auf der Xbox One einmal genauer angesehen und versuche das, doch sehr komplexe, wenn auch zugleich recht interessante, Spiel vorzustellen.
Mein erster Versuch endete nach drei Minuten – Der, der vom Himmel viel
Die Story beginnt mit meinem Charakter im freien Fall. Zusehen gibt es nicht viel, denn der Titel arbeitet mit einfachsten Rollenspielelementen, die es bei vielen Spielen heute nicht mehr gibt. Den meisten Platz nehmen natürlich einfache Darstellungen auf dem Bildschirm ein. Am unteren Ende werden dann die Textelemente eingeblendet. Aufwendig animierte Sequenzen sucht man bei Torment vergeblich. Noch im Fall stellt sich mein Charakter verschiedene Fragen, wie zum Beispiel was das für eine eigenartige Hülle um ihn herum ist, warum er aus dem Himmel fällt und generell wer er ist. Auf dem Weg nach unten bekomme ich dann endlich die Auswahl aus verschiedenen Aktionen, die mein Charakter ausführen kann. Beim erstmaligen Spielen legte ich es darauf an, vielleicht mit Geschwindigkeit in eine andere Dimension zu fliegen und beschleunigte meinen Fall. Naja... mein Gedankengang war dann letztendlich doch etwas zu komplex, als das Spiel mir textlich mitteilte, das mein Charakter auf dem Boden aufschlug. Beim zweiten Versuch stürzte mein Charakter zwar immer noch ab und direkt in ein mysteriöses Gebäude, doch sein Fall wurde von zwei Gestalten gemindert. Sofort direkt nach dem Fall und der einfachen Darstellung eines Aufpralls (ich erinnere hier noch einmal daran, das der Titel auf keine großen animierten Sequenzen aufbaut, sondern viel mehr die eigene Fantasie anregt.) springe ich in die eigentliche Spielwelt. Mein Charakter findet sich nach dem Sturz in einer eigenartigen dunklen Höhle wieder, die irgendwie nicht irdisch erscheint. Meine ersten Schritte werden mit kurzen Tipp-Einblendungen begleitet. Nicht nur die Bewegungen werden bereits hier erklärt, sondern auch das Verhältnis der drei Anstrengungsarten. Jede besondere Aktion, wie das Bewegen von Objekten oder nutzen von Fähigkeiten, werden im Spiel Herausforderungen genannt.
Dabei fragt mich das Spiel immer, wie viele Punkte ich aus der jeweiligen Anstrengungsarten Kraft, Intellekt oder Geschwindigkeit nutzen will. Je mehr Punkte ich von dem geforderten Attribut nun nehme, um so höher ist die Erfolgschance. Mit diesen, in nenne es Grundattributen der Anstrengung, entschied ich sehr viel im Spiel. Nachdem ich eine ominöse Schale mit der Grundattribute Kraft zur tropfenden Stelle geschoben habe, erhellt sich die Umgebung. Nun geht es daran, die einzelnen Erinnerungsstücke meines Protagonisten zu sortieren. An jeden hellen Punkt der auftaucht, werden Szenen aus der Vergangenheit meines Charakters aufgedeckt. Interessanterweise stellt mich das Spiel jedes mal vor mehrere Lösungsoptionen. (Sowohl bei Dialogen als auch bei Handlungsoptionen) Während diese "Geschichten der Vergangenheit" erzählt werden, gibt es übrigens wirklich keine speziellen Sequenzen oder Animationen. Einzig die eigene Fantasie arbeitet hier durch die Details in den Texten. Am Ende meines Stationslaufs durch die Höhle, geht es zum innersten meines Protagonisten. Hier kommt dann heraus, das ich mich nicht im realen Leben befinde, sondern viel mehr in einer eigenen Gedankenwelt. Bevor ich (du siehst es auf dem Screenshot) nun direkt ins tiefe Innere meines Charakters vorstoße, steht nun endlich die Charaktererstellung an. Ich erfuhr hier auch, das meine Antworten und Aktionen innerhalb der Höhle die ersten Hinweise darauf lieferte, was für eine Charakterart und welche Grundattribute zu meinem Spielstil passen. Wahrlich war ich sehr verblüfft. Wer mit der Auswahl nicht zufrieden ist, der kann natürlich auch aus eine der drei Charaktertypen aussuchen. In einer Aktionskette lege ich noch Pools (dies sind die Anstrengungsarten, welche noch einmal mit ein paar zusätzlichen Punkten bestückt werden können.), Fähigkeiten, Erkundungsfertigkeit, Waffenfertigkeit und Deskriptor. In der selben Reihenfolge erläutere ich nun kurz die einzelnen Sachen. Mit den Fähigkeiten lege ich die speziellen Aktionen meines Charakter fest. (Die Art der Fähigkeiten richten sich dabei nach der Art des Charakters.
Es können sowohl passive, als auch aktive, Fähigkeiten sein.) Mit der Erkundungsfertigkeit bestimme ich die Art der erhöhten Erfolgschancen für gewisse Situationen. Neben Dialogen und der Funktion der "Herausforderungen" kann mein Charakter natürlich die Umgebung erkunden oder im Kampf diese auch einbeziehen. Vorausgesetzt wird hier dann aber ein gewissen Wissensstand im entsprechenden Bereich. Das Spiel zeigt mir bei meinem Charakter eine Auswahl zwischen Mystik, Maschinen oder Natur. Mit den anfänglichen Punkten ermöglicht mir das Spiel auch eine positive Optimierung vorzunehmen. Im Spielverlauf lernt der Charakter immer mehr durch Dialoge, erfolgreiche Herausforderungen, neue Geschehnissen, sowie bei den Kämpfen selbst dazu und profitiert dann von den Erfahrungspunkten im jeweiligen Bereich. Die Waffenfertigkeit legt fest, mit welchen Waffenarten mein Charakter am besten umgehen kann und somit mehr Schaden anrichtet. (Im Spiel spricht man auch sehr oft von Erfolgschancen, da ein einfaches Action-Gekloppe wegfällt.) Am interessantesten ist der letzte Punkt und zwar Deskriptor. Dieser ist am wichtigsten, da er nicht nur den Typ meines Charakters beschreibt, sondern noch einmal zusätzliche Fähigkeiten und Boni bereithält. Die Auswahl des Deskriptor sollte also gut durchdacht sein und kann nachträglich nicht verändert werden. Nachdem ich das ganze Charakter-System angesprochen habe, folgt das Ende meiner anfänglichen Geschichte. Durch einen Spiegel betrete ich das innere des Protagonisten. Nach einem kurzem Dialog mit verschiedenen Personen, die mein Charakter vor der Amnesie einmal gekannt hat, taucht ein großes Monster aus den tiefen der Gedanken auf. Es ist der Kummer und er greift das innere meines Protagonisten an. An dieser Stelle führt das Spiel mich auch gleich ins rundenbasierende Kampfsystem ein, worauf ich gleich noch genauer eingehe. Nach ein paar Runden entschied ich den Kampf für mich und es ist Zeit die reale Welt aufzusuchen. Nach dem Betreten des Portals erwacht mein Charakter aus einem Koma und sieht zwei Gestalten. Aligern und Callistege. Beide sind erstaunt von der Selbstheilung meines Charakters, weshalb sich auch beide einig sind, das dieser etwas besonderes sein muss. In mehreren Dialogen erfrage ich, was passiert ist, wer sie seinen und wie es nun weitergeht. Beide nennen meinen Charakter einen Verstoßenen, der vom Wandelnden Gott erschaffen wurde. Die genauen Hintergründe zur Thematik dieses Gottes, solltest du dir dann im Spiel selbst ansehen. Aligern und Callistege werden für das erste meine Begleiter sein, doch mehrere kleine Streits zerrütten die Allianz, da jeder von den beiden eine eigene Ansicht besitzt und so muss ich mich später entscheiden, wem ich folge. Zu einem heiligen Orden oder doch zu einem Kult? Natürlich schwirren meinem Charakter noch mehr Fragen im Kopf herum. Die Lösung soll wohl eine Resonanzkammer sein, die der Protagonist leider beim Absturz zerstört hatte. Wird er die Maschine wieder reparieren können und erfahren, was er früher einmal war?
Passende Spielwelt mit vielen vielen Dialogen
Die Spielwelt von Torment: Tides of Numenera ist nicht nur sehr schön anzusehen, sondern auch vielseitig. Interessanterweise unterteilten die Entwickler die vielen Bereiche in kleinere Umgebungen, was dem schnellen Ladeprozess zwischen jeder einzelnen (ich sage mal:) Ebene ermöglicht. Gespielt wird das ganze aus einer, in meinen Augen nie langweilig werdenden, Isometrischen Ansicht. Diese doch recht einfache Darstellung harmoniert sehr gut mit dem, fast zu ruhigen, Gameplay des Spiels. Torment ist keines dieser Action-Rollenspiele in denen du direkt zum nächsten Gegner läufst und diesen bekämpfst. Nein... dieser Titel bietet fast immer viele Lösungen und Ansätze, erfolgreich Dialoge zu führen. Egal ob nun unter Einsatz des Intellekts, spezieller Fähigkeiten oder sogar den Fertigkeiten. Manchmal weist das Spielsystem auch darauf hin, das ein Kampf nicht immer die beste Lösung ist und appelliert somit an mich als Spieler die Gehirnmasse etwas mehr anzustrengen. In Gegensatz zu anderen Rollenspielen ist dieses Spiel sehr textlastig, so viel sei schon einmal gesagt. Natürlich musste ich nicht überall Dialoge zwanghaft führen, jedoch können diese zu weiteren Nebenaufgaben oder Hinweisen führen. Fast von jeder Person bekommt man Hilfestellungen, Informationen und Hinweise auf das, was mit meinem Protagonisten passiert sein könnte und woher er kommt. Doch zurück zur Spielwelt, denn in dieser ist nicht immer alles schön. Außerhalb der Städte gibt es Gebiete die vor allem von Räubern in Beschlag genommen werden. Aber auch auf andere Wesen kann man treffen. Für Freunde der gepflegten Erkundung gibt es viele Ecken, wo die beiden Fertigkeitsarten des Charakters immer wieder auf die Probe gestellt werden. Die Belohnung? Nicht selten nette Ressourcen, Waffen oder gar ein seltenes Objekt aus der uralten Vorzeit von Numenera. Diese mächtigen Relikte sind im gesamten Land sehr begehrt und nicht selten wird dafür auch getötet. Doch den Spielverlauf bestimmen nicht nur Kämpfe, das Suchen nach Artefakten der Vergangenheit oder gar die Dialoge, nein. Innerhalb der Städte gibt es auch einen Haufen an verschiedenen Nebenquests die auf Erledigung warten. Vom suchen eines Kindes bis hin zum töten eines anderen spielt mein Charakter den Ersatz-Notdienst. Lustigerweise wirken diese Nebenquest nie wirklich nervig, sondern sie ergänzen förmlich meine Suche nach dem "Ich" des Charakters. Wenn wir uns nun erinnern: Im Fokus steht über allem, die Auflösung nach der Frage des „Seins“. Jedenfalls in den Augen des Protagonisten.