Mehr als nur ein drittes Geschlecht
Um deine Figur möglichst individuell gestalten zu können, bietet dir "The Fractured but Whole" jede Menge verschiedene Möglichkeiten. Angefangen bei Kleidung kannst du im Laufe deines Abenteuers die absurdesten Oberteile, Hosen und Hüte freischalten und somit deinen Charakter äußerlich individualisieren. Auch bei der Frage nach deinem Geschlecht bietet dir "The Fractured but Whole" eine Vielzahl an Möglichkeiten – männlich, weiblich, bisexuell, pansexuell, genderfrei etc. Die Geschlechterwahl findet im Gespräch mit dem Schuldirektor statt, welcher nicht so recht weiß, was er fragen und mit den gewonnenen Informationen anfangen soll, was die ganze Situation extrem amüsant gestaltet. Einfluss auf das eigentliche Spiel nehmen deine Kleidung und dein Geschlecht jedoch nur bedingt. Anders hingegen verhält es sich bei der Ausrüstung deiner Fähigkeiten. Mit jedem Erfolg erhält deine Figur EP welche sie, nach und nach, im Heldenrang aufsteigen lässt.
Jeder neue Rang bringt neue Möglichkeiten der Verbesserung mit sich, allen voran die Freischaltung von Artefaktenplätzen. Artefakte kannst du sowohl finden als auch durch Missionen verdienen, jedes Artefakt verbessert deine Figur auf unterschiedliche Art und Weise und macht dich im Kampf stärker. Auch das Craftingsystem kann dich im Kampf unterstützen. Mit Hilfe von Schrott oder anderen gefundenen Gegenständen kannst du alle möglichen Objekte craften (herstellen), welche dir Leben, Stärke, Fähigkeiten oder EP verleihen. Ein weiterer interessanter Aspekt deiner Charaktergestaltung ist die Möglichkeit, deine Klasse jederzeit ändern zu können. Dazu ist nur ein Besuch bei Cartman notwendig und schon kannst du eine andere Klasse und somit andere Fähigkeiten auswählen. Diese Möglichkeit hält das Spielerlebnis aufrecht und bietet Laune und Experimentierfreudigkeit.
Schönes Aussehen, derbe Sprüche
Genau wie der erste Teil spielt sich "The Fractured but Whole" wie eine lange und umfangreiche South Park Episode. Grafisch lässt sich zu keinem Zeitpunkt ein Unterschied zwischen dem Spiel und der Serie feststellen, jede einzelne Szene könnte genauso in der TV-Show zu sehen sein. Aber nicht nur grafisch sondern auch soundtechnisch agieren Cartman und Co. auf ganz hohem Niveau. Dieses Jahr sitzen nun auch die deutschen Originalsprecher mit im Boot und vertonen alle Charaktere in gewohnt großartiger Manier. Natürlich bleibt der Verlust des ein oder anderen Wortspieles nicht aus und grundsätzlich ist die englische Sprachausgabe deswegen auch empfehlenswerter, authentisch ist die deutsche Version jedoch allemal. Was uns auch schon zum absoluten Hauptbestandteil von "The Fractured but Whole" bringt – dem Humor. Seien es Prostituierte, Stars oder Präsidenten, South Park macht vor nichts und niemandem Halt und lässt sich auch von moralischen Grenzen nicht einschüchtern. Ist es in Ordnung, betrunkene Geschäftsmänner durch einen Lapdance zum Reden zu bringen? Vermutlich nicht. Ist es witzig? Das zweifelsohne.
Denn auch die noch so absurdesten und verwerflichsten Inhalte werden enorm lustig verarbeitet. Sei es ein Minispiel, bei welchem deine Figur im richtigen Rhythmus twerken und furzen muss oder ausschweifende Dialogszenen darüber, ob deine Mutter mit deinem Vater geschlafen hat – beinahe jedes Tabu wird gebrochen. Natürlich ist Humor immer noch Geschmackssache und nicht jeder kann über die Inhalte von "The Fractured but Whole" lachen, aber Trey Parker und Matt Stone schaffen es, derart plump als auch raffiniert zur gleichen Zeit zu sein, dass auch die stumpfsten Szenen immer noch eine sinnvolle Botschaft beinhalten können. Gesellschaftskritik und purer Stuss waren selten so nah beieinander und genau das zeichnet South Park aus. Was dieses Jahr aber leider fehlt, sind die ganz großen "Was zum Teufel"-Momente. Die besten Folgen der Serie bestehen aus gerade diesen Momenten, in denen man als Zuschauer erst einmal gar nicht so genau weiß, was man gerade zu Gesicht bekommt. Der Vorgänger konnte eben jene Momente vorweisen (man erinnere sich an das Schlafzimmer der Eltern). Derartig krasse Grenzüberschreitungen leistet sich "The Fractured but Whole" aber nicht, was Fans des Vorgängers und der TV-Show ein wenig enttäuschen könnte.
Wohnen in South Park
Kann die Spielwelt genauso überzeugen wie die Grafik oder zeigt "The Fractured but Whole" hier seine große Schwäche? Was das Spiel bei der Grafik schon super macht, macht es bei der Spielwelt sogar noch besser – ein frei erkundbares South Park mit Geheimnissen, Schätzen und Geschichten an jeder Ecke. Eine Vielzahl von Nebenmission und viele kleine Rätsel gestalten die Spielwelt extrem interessant und lebendig. Viele Bereiche lassen sich im Laufe des Spiels mit Hilfe neu erlernter Fähigkeiten freischalten und eröffnen somit immer wieder neue, kleinere Welten. Jeder bekannte Schauplatz aus der Serie findet sich wieder und lässt sich betreten und erforschen. Dieses Prinzip kann vor allem bei Fans von South Park einen enormen Entdeckungsdrang hervorrufen und die ein oder andere Spielstunde in Anspruch nehmen. Was das Gameplay und die Steuerung betrifft, hat sich im Vergleich zum Vorgänger (abgesehen vom Kampfsystem) nicht sonderlich viel getan. Leicht erlernbar, effektiv und angemessen – auszusetzen gibt es auch dieses Jahr so gut wie nichts. Natürlich bietet "The Fractured but Whole" nicht die umfangreiche Steuerung, wie man sie von anderen Rollenspielen kennt, was aufgrund des zweidimensionalen Spielprinzips jedoch nicht weiter.