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1954: Alcatraz
11.02.14 21:41 Test
Daedalic hat es geschafft! Nach etlichen Verschiebungen erreicht das Adventure „1954: Alcatraz“ endlich den Handel. Ob das Spiel zu überzeugen weiß, erfahrt ihr im Test.
Mit „1954: Alcatraz“ liefert Gene Mocsy, der zuvor an Projekten wie „A Vampyre Story“ oder „Ghost Pirates of Vooju Island“ mitarbeitete, sein erstes eigenes Adventure ab und sorgt damit für überaus unterhaltsame Spielstunden. Auch wenn ihm leider kein Meisterwerk gelungen ist.

Story
Joe wird im San Francisco der 50er Jahre nach einem Raubüberfall zu 40 Jahren Haft im Hochsicherheitsgefängnis Alcatraz verurteil, aus dem es fortan zu entfliehen gilt. Allerdings gehört das Gefängnis zu den am stärksten bewachten und geographisch am problematischsten gelegenen Internierungsanstalten der ganzen Welt – eine Aufgabe, die Joe nur mithilfe seiner Frau Christine bewältigen kann. Letztere hat ungünstigerweise auch noch eigene Konflikte und Probleme zu lösen und befindet sich aufgrund einer Morddrohung des Gangsters Mickey selbst in großer Gefahr. Ihre einzige Rettung ist die Diebesbeute ihres Mannes, von der jedoch niemand weiß wo sie versteckt ist – außer Joe natürlich. Klar, dass nun eine ganze Reihe finsterer Gesellen hinter dem Geld her sind und so bleiben Mord, Erpressungen und weitere Schurkereien ganz im Sinne des Film-noir natürlich nicht aus. Als Spieler hat man daher alle Hände voll zu tun…


Und hier wären wir auch schon bei der großen Stärke des Spieles! Denn „1954: Alcatraz“ gehört zu jenen Adventures, die sich ausschließlich über ihre Story definieren und daher trotz spielerischer Mängel in keiner Point-and-Click Sammlung fehlen sollten. Die Liebe zum Detail und die glaubhafte Gestaltung des 50er Jahre Szenarios ermöglichen es der Story, sich voll zu entfalten und zum mitfiebern einzuladen. Und auch die Figuren können allesamt überzeugen. Indifferenz und Coolness waren in keinem anderen mir bekannten Spiel jemals so stark ausgespielt, wie es in „1954: Alcatraz“ der Fall ist. Die Liste der denkwürdigen Oneliner ist gigantisch und nicht selten musste ich aufgrund der zynischen Bemerkungen meiner Konversationspartner lautstark lachen. Freunde des Film-noir werden ebenfalls ihre helle Freude haben, was nicht zuletzt am genialen und durchaus auch abseits des Spiels hörbaren Jazz-Soundtrack von Pedro Macedo Camacho liegt.

Das Zusammenspiel von Szenario, skurrilen Figuren und akustischer Gestaltung ist schlicht und einfach grandios gelungen. Doch leider lässt sich das vom zentralen spielerischen Element, den Rätseln, nicht so recht behaupten…

Rätseldesign: Clever, aber inhaltlich banal
Die zahlreichen Aufgaben, die es im Hochsicherheitsgefängnis Alcatraz zu erledigen gilt, sind allesamt logisch und intelligent gestaltet, können jedoch nicht jedes Mal durch Originalität oder Ideenreichtum punkten. Denn so sinnvoll es ist, sich mit den Mitgefangenen durch kleinere Hilfeleistungen zu arrangieren, so langweilig geraten diese Puzzles in spielerischer Hinsicht. Es ist schlicht und einfach uninteressant zum 10. Mal eine banale Gefälligkeit für einen Mitinsassen zu erledigen. Hier wäre deutlich mehr möglich gewesen! Immerhin fühlen sich die durchaus vorhandenen spannenden Rätsel somit noch einen Tick „besonderer“ an. Und auch die zahlreichen Dialogrätsel hinterlassen einen durchweg ordentlichen Eindruck.
Allerdings klingt die Bewertung der Rätselqualität jetzt vermutlich doch etwas negativer, als ich es während dem Spielen empfunden habe. Denn objektiv betrachtet, gibt es an den Rätsel wie bereits angesprochen eigentlich nicht sonderlich viel zu kritisieren. Und alleine die Tatsache, dass sie keine gravierenden Logiklücken enthalten ist ja schon eine ganze Menge wert. Einige Rätsel betreffen zudem beide Spielfiguren, was zu einigermaßen anspruchsvollem Cross-over-Kniffeleien führt (die Raffinesse eines „Goodbye Deponia“ wird dabei jedoch nicht erreicht) und als eines der spannendsten Spielelemente angesehen werden kann. Joe und seine Gattin können sich außerdem in den zahlreich vorhandenen Telefongesprächen belügen, was zu einer Beeinflussung des weiteren Spielverlaufes führen kann. Unbedingt erwähnenswert sind daher auch die unterschiedlichen Enden des Spieles, die man sich als Spieler keineswegs entgehen lassen sollte – hier lohnt sich ein erneutes Erleben des Finales auf alle Fälle. Die Steuerung von "1954: Alcatraz" geht zudem gut von der Hand und ermöglicht einen ungestörten Spielgenuss.

Grafik – Minimalistisch, aber atmosphärisch
Die visuelle Gestaltung der Figuren von „1954: Alcatraz“ kommt zwar zugegebenermaßen etwas minimalistisch – man könnte abschätzig sagen „grob“ – daher, was einem überzeugenden Gesamteindruck jedoch keinen Abbruch tut. Denn atmosphärisch funktioniert das Spiel wunderbar. Die Hintergründe sind im Gegensatz zu den Figuren unglaublich detailreich und ästhetisch hochwertig gezeichnet und auch die Lichtgebung weiß zu begeistern. Der Rechercheaufwand der Entwickler ist hier jederzeit zu spüren und das 50er Jahre San Francisco erwacht unglaublich authentisch zum Leben. Die Passagen außerhalb des Gefängnisses wissen optisch daher sehr viel mehr zu begeistern, als die teils tristen Innenräume der ikonischen Internierungsinsel. Alles in allem gibt es an der graphischen Gestaltung jedoch kaum etwas zu bemängeln, obgleich konstatiert werden muss, dass zwischen Figuren und Umgebung keine wirkliche Kohärenz entstehen will - sie wirken teils wie Fremdkörper.
Erfahre hier, wie der Titel in unserer Wertung abgeschlossen hat.

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Erstellt von George Stobbart
Zuletzt online: 7 Jahre 2 Monate
Kategorie:
Test
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Aktualisiert
11. 02. 2014 um 21:41
11. 02. 2014 um 21:41
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