Das Maß aller Dinge
Das Hauptaugenmerk des zweiten Remakes liegt aber auf den überarbeiteten grafischen Aspekten und mach dies auch ab der ersten Spielminute spürbar. Die PS4-Version von Shadow of the Colossus erweist sich ohne Zweifel als eines der schönsten Spiele der letzten Jahre. Mit jeder Szene eröffnet sich ein einmaliges Spielerlebnis, angefangen bei einer atemberaubenden Landschaftsdarstellung. Selten machte es so viel Spaß, durch Gebirgsketten zu reiten und die Naturbauten auf sich wirken zu lassen. Stimmungs-und Atmosphärenwandlungen werden durch grafische Raffinesse und Ausgewogenheit ermöglicht, was auf den ersten Blick als vermeidlich eintönig empfindet wird, erweist sich im Laufe der Zeit als ein Landschaftskonstrukt voller unterschiedlicher Natur- und Lebensräume. Der Blick wandert vom großen Ganzen zu den kleinen Details und es entsteht ein toller Gesamteindruck der Spielwelt. Seinen absoluten Höhepunkt findet Shadow of the Colossus aber nach wie vor im Auftreten der einzelnen Kolosse.
Kaum ein anderes Spiel schafft es, auf derart tolle und beeindruckende Art und Weise das Gefühl von Größe und Macht zu vermitteln, auf visueller- sowie auditiver Ebene. Bild und Sound greifen immens gut ineinander und es entsteht eine einzigartige, dichte Atmosphäre die im Bereich der Videospiele momentan seinesgleichen sucht. Doch nicht nur die Grafik und der Sound tragen ihren Teil zum Spielerlebnis bei, sondern auch die Kameraperspektive. Diese passt sich an das Spielgeschehen an und lässt nahezu jeden Moment aufwendig arrangiert und geradezu cineastisch erscheinen. Wenngleich es in manchen Situationen ein wenig chaotisch werden kann (vor allem während des Kampfes mit den Kolossen), die meiste Zeit gelingt es der Kamera, die perfekte Perspektive für die jeweilige Spielsituation auszuwählen. Das zweite Remake schafft das, was man in erster Linie von einem Remake erwartet – eine enorme grafische Weiterentwicklung. Und das gelingt der PS4-Version sogar so gut, dass selbst Besitzer und Fans des Originals und des ersten Remakes ohne schlechtes Gewissen erneut Geld für das inhaltlich gleiche Spiel ausgeben können.
Mehr Spaß, weniger Frustration
Auch im Bereich der Steuerung, dem bis dato größtem Makel und Kritikpunkt der beiden Vorgänger, hat sich einiges getan. Es besteht nun die Möglichkeit zwischen zwei verschiedenen Steuerungsvarianten zu wählen, der des Originals und einer neuen, überarbeiteten Variante. Auch wenn diese zwar immer noch nicht so rund läuft, wie man es von der heutigen Spielegeneration gewohnt ist, im Vergleich zur sperrigen Ursprungssteuerung dürften viele Fans laut aufatmen. Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit lässt sich auch die PS4-Version flüssig und problemlos spielen und das Spielerlebnis wird nicht mehr durch frustrierende Steuerungsprobleme behindert. Am deutlichsten wird die Überarbeitung vor allem, wenn das Erklimmen der Kolosse ansteht. Was vorher zu einer nervlichen Herausforderung wurde, kann jetzt mit gesundem und fairem Können gemeistert werden und der Spieler wird nicht mehr durch unnötige, spielerische Hindernisse aus dem Gesamtkonstrukt gerissen.
Das Remake vom Remake – ein Trend in die richtige Richtung?
Remakes sind seit Jahren fester Bestandteil der Videospiel- und Filmindustrie und versuchen oftmals mithilfe des Nostalgiefaktors eine scheinbar vergessene Marke neu aufscheinen zu lassen. Nun hat es mit Shadow of the Colossus das zweite Remake binnen 13 Jahren gegeben – eine Ausnahme oder baldiger Regelfall? Natürlich könnte man im ersten Moment den Entwicklern Faulheit und Geldgier vorwerfen, da ein funktionierendes Produkt lediglich optisch aufgewertet erneut auf dem Markt erscheint. Jedoch macht bei keinem anderen Spiel dieses simple Prinzip so viel Sinn wie bei Shadow of the Colossus. Auf jeder Konsolengeneration konnte das Spiel grafisch und atmosphärisch neue Maßstäbe setzen und somit auch jüngere Zielgruppen ansprechen. Inhaltlich besteht mit der mythischen Spielwelt ebenfalls kein Grund zum Altern. Nicht viele Spiele erfüllen derart viele Voraussetzungen um ein oder gar zwei Remakes zu erhalten, ein voraussichtlicher Trend zeichnet sich eher weniger ab. Sofern die neuen technischen Möglichkeiten richtig genutzt werden, spricht jedoch nichts gegen Remakes, ganz im Gegenteil, viele Spiele können somit erst ihr gesamtes Potential abrufen und Shadow of the Colossus darf und soll als Vorbild bei diesem Unterfangen genommen werden.