Die (Post-)Apokalypse kann vielseitig sein: Mal gibts einen Aufstand untoter Zombies, mal übernehmen Roboter die Weltherrschaft, mal löscht sich die Menschheit in seiner Kriegslust selbst aus. In welche Kerbe nun dieses Indieabenteuer schlägt und ob es sich lohnt, erfahrt ihr in der Review zu Potentia!
Disclaimer: Wir haben diese Kopie kostenlos erhalten – was aber nichts an der davon unabhängigen Bewertung ändert.
Story
Die Geschichte von Potentia spielt in einer fiktiven Welt, die gerade das Ende eines brutalen Krieges erlebt hat - die Freude darüber ist groß und die Menschen feiern gelassen auf den Straßen der Stadt.
Mitten in der Menge befindet sich Viktor, der Protagonist des Spiels. Genauso freudetrunken wie die Menschen um ihn herum befindet er sich auf dem Weg zu seiner Lebensgefährtin Anna, mit der er zur Feier des Tages eine Party steigen lassen will.
Doch auf dem Weg zu ihr kommt die tragische Wende. Der Frieden währte nur kurz, der Krieg war doch nicht vorbei - aber dafür die Lebzeiten abertausender Menschen.
Eine unbekannte energetische Waffe trifft Viktors Stadt und löschte in Sekundeneile nahezu alles Menschenleben aus. Und das wortwörtlich: Die Menschen lösen sich einfach auf, während Flora, Fauna und Architektur unberührt bleiben.
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Die Story setzt daraufhin drei Jahre später ein: Victor und Anna haben wie durch ein Wunder überlebt, müssen aber tagtäglich um das weitere Überleben inmitten der gefallenen Zivilisation kämpfen - vor allem gegen andere, schwer bewaffnete Plünderer die Alles und Jeden töten, was ihren Weg kreuzt. Wer ist Feind, wer ist Freund? Und gibt es in der Post-Apokalypse überhaupt noch sowas wie “Freunde”? Wem kann man in der Endzeit überhaupt noch vertrauen?
Ob Victor und Anna nach drei langen Jahren den Ausweg aus dem Niemandsland finden, liegt nun vollständig in der Hand des Spielers, der in den Genuss dieses spannenden Abenteuers kommen darf.
Aktuell gibt es noch einzelne Wermutstropfen: Die gesamte Inszenierung beruht auf kurzen Cutscenes zwischen den Kapiteln, die leider sehr lückenhaft aneinandergereiht sind und (stand jetzt) viel Potenzial verschenken.
Der ist andere die aktuelle Laufzeit: Nach dreieinhalb Stunden mit in einem ruhigeren Playthrough war der Spaß vorbei und der Endscreen erreicht. Das Ende, so viel “spoilere” ich schon mal, lädt zwar definitiv nach mehr Content ein, aber in welcher Form da noch etwas kommt (Updates, DLC, ein Nachfolger?), kann ich derzeit einfach nichts sagen.
Potentia schafft es, ein einigermaßen ausgelutschtes Thema nochmal spannend aufzulegen und den Spieler durch einen guten Spannungsbogen und einer ordentlichen Entwicklung am Ball zu halten. Die Inszenierung ist allerdings ausbauwürdig und das Preis-/Leistungsverhältnis für die Spielzeit derzeit etwas unpassend.
Gameplay
Potentia ist ein 3rd Person Shooter, der dem Spieler alle Möglichkeiten offenlässt: Lassen wir das Spiel zu einem Stealthgame verkommen und schleichen uns an die Gegner ran oder ballern wir uns einfach durch?
Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile. Während das Schleichen höchste Konzentration und ein gutes Auge für getarnte Gegner voraussetzt, muss man in einem actionreichen Verlauf stets mit knapper Munition rechnen - selbst in einer post-apokalyptischen Welt liegt nicht in jeder erdenklichen Ecke Munition um, weshalb man mit dem Bisschen, was man hat, sehr gut umgehen muss.
Viktor hat im Spielverlauf bis zu fünf Waffen zur Verfügung: ein Brecheisen für Nahkämpfe, dazu Granaten, eine normale Pistole, eine Schrotflinte, ein Automatikgewehr und ein Bogen zum lautlosen Töten aus der Ferne.
Während das Gunplay das Herzstück des Games bildet, hat es derzeit noch kleinere Schwächen. Der Waffenwechsel dauert derzeit sehr lange, was in Gefechten bei fehlender Deckung schnell tödlich sein kann. Dazu muss man wirklich zielen, um überhaupt schießen zu können - ungenaue, aber schnelle Schüsse sind somit unmöglich, obwohl man das aus jedem Shooter der letzten zwanzig Jahre kennt.
Trotz dieser kleineren Schwächen fühlt sich das Spiel dennoch gut an. Die Waffen sind wuchtig, haben ein relativ realistisches Aiming und machen alles in allem viel Spaß, worauf es letzten Endes auch ankommt.
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Wo wir beim Wörtchen “realistisch” sind, muss man auch mal den generellen Ansatz des Game- und Gunplays erwähnen: Für ein storygetriebenes Spiel versucht man ein realistisches Gerüst an der Grenze zum Hardcore-Shooter zu benutzen. Kopfschüsse sind selbstverständlich tödlich, ungepanzerte Gegner halten auch kaum Körpertreffer aus. Allerdings ist auch unser Protagonist einer dieser ungepanzerten Männer - steht man (vor allem auf höheren Schwierigkeitsgraden) zu lange in der Schusslinie, ist man sehr schnell weg vom Fenster. Um das aber zu entschärfen gibt es injizierbare Medipacks, die auf Knopfdruck schnell einen guten Teil eurer Gesundheit wiederherstellen. Das bricht zwar die Konvention des Hardcoreansatzes, stützt aber das Gameplay ungemein.
Das Spiel ist in acht Kapitel eingeteilt und führt uns dabei durch lineare, aber weiträumige Level. Das Potenzial dieser Weiträumigkeit bleibt aber manchmal auf der Strecke, da es trotz des Open World-Gefühls nur diesen einen richtigen Weg gibt und den Spieler dadurch an den linearen Strang fesselt. Abseits des vorgegebenen Pfades findet man jedoch in der Regel Medipacks und Munition, die dem eingangs erwähnten Ressourcenmangel etwas entgegenwirken, während man öfters an den schönsten Orten des Spiels lang geführt wird, die man sonst wohl übersehen würde.
Ein großer Pluspunkt liegt auch beim Entwickler selbst: Das gesamte Spiel wurde nur von vier Personen hochgezogen, die Potentia als ihr Erstlingswerk bezeichnen dürfen. Das Team reagiert sehr gut und offen auf Kritik und Verbesserungsvorschläge, gehen auf alles ein und haben versprochen, das Spiel auch nach Release noch weiterhin verbessern zu wollen - etwas, was man in der Form leider immer seltener sieht. Chapeau!
Potentia ist ein storygetriebener Third Person-Shooter, der dem Spieler fast schon ungewohnte Freiheiten überlässt. Fast dem gesamten Spiel über bleibt es einem überlassen, ob man den sicheren Weg geht und sich leise durch die Gegner schleicht oder wild durchschießt, dabei aber mit einem Munitionsmangel rechnen muss. Die Anlehnung an Hardcoreshooter wurde gut gewählt und passt perfekt zur Inszenierung, nur bleiben auch hier zum Release kleinere verbesserbare Fehlerchen übrig.
Gestaltung
Positives
+ gute Charakter-, Item- und Waffenmodelle
+ schöne, abwechslungsreiche Umgebungen
+ Soundtrack ist zwar kurz, aber ebenso einprägsam
+ gute Soundgebung
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Neutrales
• unausgereifte Gesichter (Mimiken, Synchronität der Lippen etc)
• zu kurze, lückenhafte Cutscenes
• mittelmäßige Synchronisation
Negatives
- schwammige deutsche Übersetzung (Verbesserung jedoch geplant)
Fazit: In der getesteten Version kränkt das Spiel leider noch an kleineren Kinderkrankheiten, die das Ganze etwas unausgereift wirken lässt. Nichtsdestotrotz bietet Potentia ein mehr als solides Grundgerüst und vor allem viel Spielspaß und eine spannende Story. Das kleine Indieteam Wily Pumpkin hat gute Arbeit geleistet und verdient dabei sämtliches Lob. Es ist spürbar kein Triple A-Titel, aber für das, was es ist, ist es (aus meiner subjektiven Wahrnehmung) sehr gut.
Nur… Knapp zwanzig Euro sind doch recht happig für die kurze Spieldauer und man sollte überlegen, ob es einem das wert ist, wenn man einen großen Wert auf die Spieldauer legt.
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