Von Survial-Horror bis Action-Shooter
In Sachen Gameplay gibt es zwar einige Neuerungen aufgrund der Ausweitung der Spielwelt, die grundlegenden Elemente der Vorgänger finden aber auch in Metro: Exodus ihren Platz, und das ist auch gut so. Denn gerade in den Schleichpassagen und dem langsamen Fortbewegen durch die weitestgehend toll inszenierte Spielwelt entsteht oftmals eine großartige Atmosphäre. Dabei liegt die Entscheidung bezüglich der Vorgehensweise innerhalb der einzelnen Spielabschnitte stets beim Spieler und beklemmende Situation können auch rabiat in Feuergefechten gelöst werden, auf lange Zeit erweisen sich die Stealth-Elemente jedoch als probateres Mittel der Herangehensweise. Zum einen erfordert die aggressive Spielweise größere Spielerfahrung im Shooter-Genre, da – je nach Schwierigkeitsgrad – gegnerische Truppen durchaus resistent daherkommen, zum anderen spielt der Aspekt der beschränkten Munition eine große Rolle. Die Waffenmagazine sind nur von stark begrenzter Größe und aufgesammelte Munition dürfte lediglich für die nächste Gegnerkonfrontation genügen. Dadurch wird nicht nur die Motivation auf ein ruhigeres und besonneneres Vorgehen bestärkt, Metro: Exodus unterscheidet sich aufgrund jener „Survival-Thematik“ von anderen Open-World-Shootern wie der Far Cry-Reihe, den neusten Tomb Raider Spielen oder des Metal Gear Solid-Franchise, welche zwar allesamt beeindruckende Spielwelten auf die Beine stellen, den Überlebensaspekt dabei jedoch anders behandeln. Störend ist das geringe Aufkommen der Munition keinesfalls, ganz im Gegenteil, das sparsame Handeln passt perfekt in die Grundthematik des Spiels und der dargestellten Spielwelt.
In der ganzen Spielwelt lassen sich Ressourcen finden, die an Werkbänken zu hilfreichem Inventar wie Wurfmessern oder Molotowcocktails zusammengeschraubt werden können. Doch nicht nur neue Objekte lassen sich erstellen, auch bestehendes Inventar kann verbessert, gereinigt oder bearbeitet werden. Auch lebensnotwendige Materialien wie neue Sauerstoffkapseln für die Atemmaske lassen sich aus den Ressourcen herstellen, was dem Sammeln der verstreuten Materialien eine gewisse Dringlichkeit gibt, die dabei aber nicht nervend daherkommt. Die verfügbaren Ressourcen sind in nahezu jeder Situation vorzufinden und binden sich somit angenehm in den Spielfluss ein, außerhalb sorgen die Momente der freien Erkundung für teilweise wirklich großartige Erzählungen und Geschichten innerhalb der Hauptstory. So kann es passieren, dass man zufällig ein Haus am Wegesrand betritt, um mögliche Munition oder Ressourcen zu sammeln, am bisweilen von Spinnenweben und Pflanzen überwucherten Esstisch aber noch die Skelette der damaligen Familie vorzufinden sieht, welche ihre Geschichte in selbstgeschriebenen Briefen festgehalten und im Haus verteilt hat. Solche Momente können zum Teil eine größere narrative Wirkung entfalten, als so manche Mission innerhalb der Hauptstory.
Anstatt mit klarer Richtungsangabe von Missionsabschnitt zu Missionsabschnitt geleitet zu werden, verzichtet Metro: Exodus auf eine Orientierungshilfe. Die Story soll dadurch eine natürliche Entwicklung nehmen und nicht an stringent vorgefertigten Storyabläufen festklammern, was sich den Großteil des Spiels auch als sinnvoll erachtet. Leider aber kommt es dadurch ab und an zu größeren Pausen innerhalb der Erzählung, was dem Erzählfluss merklich schadet. Zwar kann Metro: Exodus diese Erzählpausen durch die beeindruckende Spielwelt weitestgehend ausgleichen, spürbar werden diese aber trotzdem. Als enorm störend erweisen sich die enorm langen Wartezeiten, sowohl beim Laden eines Spielstandes, als auch beim Betreten des nächsten Missionsabschnitts. Vor allem beim Laden der Spielwelt kann es gut und gerne bis zu 5 Minuten Ladezeit kommen, was sowohl frustrierend, als auch von narrativen Nachteil ist, da die Geschichte so abrupt unterbrochen wird. Auch die gegnerische KI sorgt bisweilen noch für den ein oder anderen Problempunkt. Trotz Day-One-Patch lässt sich das Verhalten der KI nahezu unmöglich vorhersehen und einschätzen. Mal wird Artjom auf zwei Metern Entfernung im offenen Feld nicht erkannt, ein anderes Mal wird aus dem Nichts in einer dunkleren und unscheinbaren Situation das Feuer eröffnet. Die Wahrnehmung der KI schwankt stark innerhalb der Missionsabschnitte, was so manchem taktischen Vorgehen einen Strich durch die Rechnung macht. Hier bleibt zu hoffen, dass weitere Updates diesem Schwachpunkt entgegenwirken und die KI realistischer wirken lässt. Positive Erwähnung finden jedoch die Nebenquests, die es vielerorts vorzufinden gibt. Was in vielen Veröffentlichungen der Konkurrenz oberflächlich und eher als Beschäftigungstherapie abgehandelt wird, findet in Metro: Exodus seinen festen Bestandteil in der Geschichte. Die Nebenquests sind nämlich keinesfalls handlungsunwichtige Elemente des Spiels sondern schmücken die Hauptgeschichte mit schönen Details aus und geben dem trostlosen Szenario oftmals ein Stück Liebe und Lebendigkeit. Viele Nebenmissionen lassen sich während den Hauptmissionen wahrnehmen, wodurch es zu einer reibungslosen Einordnung in den Gesamtkontext der Geschichte kommt.
Die wunderschöne Apokalypse
Auf grafischer Ebene kann Metro: Exodus den starken ersten Eindruck der Gamescom fortführen und bisweilen sogar noch übertreffen. Der Schritt an die Oberfläche erweist sich inszenatorisch als absoluter Glücksgriff. Großartig gestaltete Landschaften mit enormer Detailverliebtheit und großer Tiefenschärfe sorgen für Begeisterung. Auch das Monster- und Gegnerdesign überzeugt in allen Belangen, lediglich die Gesichtsanimation der Charaktere fällt hierbei etwas aus der Reihe. Diese erweisen sich leider in manchen Momenten als Stimmungskiller, seien es die fehlende Mimik oder der emotionslose Umgang mit eigentlich emotionalen Geschehnissen. Grundsätzlich kann darüber aber hinweg gesehen werden, da vor allem das Erkunden der Spielwelt von Metro: Exodus die meiste Spielzeit beansprucht. Allen voran an der unglaublich stimmungsvollen Lichtsetzung dürfte man sich so schnell nicht satt sehen. Egal ob bei Tag oder bei Nacht, der Umgang mit Licht spielt eine enorm wichtige Rolle in der grafischen und atmosphärischen Inszenierung von Metro: Exodus. Feindliche Wesen lassen sich oft aufgrund ihres fein ausgearbeiteten Schattenwurfs in bedrohlichen Situationen erkennen, bewegte Lichtquellen wie Autoscheinwerfer, Taschenlampen oder frei hängende Glühbirnen schmücken das lebendige Licht- und Schattenspiel beeindruckend aus. So entstehen auf rein inszenatorischer Ebene einige Horrorpassagen, die in ihrer Wirkung nicht zu unterschätzen sind. Das tolle Sounddesign spielt hierbei ebenfalls eine wichtige Rolle und schafft in Symbiose mit der Bildästhetik schaurig-schöne Augenblicke. Leider aber bleibt bei der Synchronisierung der Spielcharakter einiges an Potenzial auf der Strecke (um es mal höflich auszudrücken), was gelegentlich zu unangenehmen Momenten in den Storypassagen führen kann. Das ist man geradezu froh um die schweigsame Hauptfigur Artjom, welcher in den Horrormomenten glücklicherweise das Spiel für sich sprechen lässt.