„Dreams“ besteht dabei fast ausschließlich aus Inhalten, welche von der Spielergemeinde erstellt und entworfen wurden. Namensgebend sollen Träume den Kern der Kreationsmöglichkeiten darstellen, der Fantasie werden dabei bewusst keine Grenzen gesetzt – zumindest in der Theorie und in den selbstbewussten Ankündigungen von Media Molecule. Das Spielkonzept lässt sich als „YouTube für Videospiele“ bezeichnen: Inhalte von Spielern/Usern für Spieler/User, ohne Genreeinteilung oder Längenvorgaben. Das macht es ungemein schwer, einen Test zu „Dreams“ zu verfassen, da die Spielmechaniken, der visuelle Look, sowie die narrative Ebene (und viele weitere Punkte) sich von Projekt zu Projekt unterscheiden. Demnach fokussiert sich der folgende Test vielmehr auf die gegebenen Möglichkeiten, sowie das Gesamtkonzept und dessen Funktionalität und Potential an sich. Dabei ist anzumerken, dass „Dreams ein Exklusivtitel für die PlayStation ist.
Kunterbunter Einstieg
„Dreams“ beginnt mit einer kurzen Einleitung, in der das Konzept des Spiels auf simple und verspielte Art und Weise vorgestellt wird. Eine erste Spielmechanik wird durch die Nutzung der Motion-Funktion des Dual-Shock-Controllers deutlich, die sich im großen Stil bisher nur bedingt etablieren konnte. In „Dreams“ wird durch die Motion-Funktion der Spielbegleiter gesteuert, der zu Beginn des Spiels ausgewählt werden kann. Dabei handelt es sich um eine Reihe von bunten, wichtelartigen Wesen, die im Anschluss als wichtiges Interaktionsmittel funktionieren. Die Steuerung der bunten Begleiter verläuft dabei sehr flüssig und zielgenau, der Controller lässt sich auch immer wieder neu kalibrieren, wodurch Ungenauigkeiten vorgebeugt werden kann. Das Hauptmenü gestaltet sich sehr schlicht, wobei sich auch hier schon kreativ ausgetobt werden darf. In den verschiedenen Projekten sind immer mal wieder kleinere Überraschungen versteckt, die in Form von allerlei Dekorationen ins Hauptmenü eingebaut werden können. Dies wird dabei zum sogenannten Homespace Editor und versteht sich selbst als interaktive, individuelle Lobby. Ansonsten stehen die beiden Hauptkategorien „Traumsurfen“ und „Traumformen“ zur Auswahl. Wie schon durch die Namen erkennbar, dürfen in „Traumsurfen“ die erstellten Projekte der Community ausprobiert werden, wohingegen in „Traumformen“ eigene Fantasien und Ideen umgesetzt werden können. Ein erster Blick auf das Projekt-Angebot macht deutlich, welchen Anspruch „Dreams“ verfolgt, ebenfalls wird ersichtlich, weswegen häufig von „Projekten“ und nicht von „(Mini-)Spielen“ die Rede ist: Die Bandbreite des Angebots reicht von interaktiven Musikvideos, über Kurzfilme bis hin zu minimalistischen Kampf-Minispielen. Und das gerade mal eine Woche nach Veröffentlichung. Dabei steht häufig nicht einmal der Gameplay-Aspekt im Mittelpunkt, vielmehr sollen die Projekte der anderen Spieler wie der Einblick in eine fremde, fantastische Welt auf den Spieler wirken, ihn immersiv vereinnahmen.
Traumsurfen
Zum Einstieg in das „Traumsurfen“ stellt Media Molecule selbst einige Minispiele und Präsentationen bereit, die vor allem in den ersten Tagen nach Release noch einen großen Teil des (ernstzunehmenden) Angebots ausmachen. Dies dürfte sich in Anbetracht der immer größer werdenden Spielergemeinde aber schnell ändern. Das bisher aufwendigste und prominenteste Beispiel der Entwickler ist der ca. 3-stündige Genrehybrid „Arts Traum“. Erzählt wird die Geschichte des Jazz-Musikers Art, der sich in einer Depression befindet, seine Band verlassen hat und sich nun in einem Art Traum-Delirium befindet. Auf seinem Weg durch diese Traumwelt stellt Media Molecule eindrucksvoll unter Beweis, welche Vielfalt an Möglichkeiten in „Dreams“ stecken. Beginnend mit einem cineastischen Einstieg, unterlegt mit einem professionellen Sprecherstimme, über klassische Jump-and-Run-Action bis hin zu bunten Point&Click-Einlagen – „Arts Traum“ ist ein kunterbuntes Genremischmasch und schafft es dabei, eine stringente Handlung zu erzählen. Vor allem auf optischer Ebene zeigen sich eine ganze Reihe an unterschiedlichen Design-Varianten, die mal in moderner 3D-Optik, mal im malerisch-verspielten Indie-Stil daherkommen. Der Surrealismus erhebt sich dabei zum zentralen Erzähl- und Spielmotiv, die Entwickler machen deutlich, dass die erstellbaren Inhalte wie Träume verstanden werden sollen – persönlich, fantastisch, mal abgedreht, mal todernst. „Arts Traum“ bietet einen gelungenen Einstieg und bringt der Community das Spielkonzept auf spannende und eindrucksvolle Art und Weise näher gebracht und macht Lust darauf, sich in die Tiefen des Angebots zu stürzen.
An diesem Punkt stellt sich die erste Hürde, denn bei der riesigen Auswahl an Projekten kann es durchaus dazu kommen, dass man vor lauter Bäumen den Wald nicht sieht. Media Molecule hat sich hierfür aber ein paar sinnvolle und vereinfachende Kniffe und Aufteilungen überlegt, die das Bündel an Projekten ein wenig entzerren. Zum einen ist das Layout überschaubar und simpel gehalten, wodurch man nicht von dem Angebot regelrecht erschlagen wird. Ähnlich wie auf Netflix sind die Projekte in verschiedene Kategorien (Empfehlungen, Ähnliche Titel, im Trend, etc.) eingeteilt, was die Orientierung ungemein erleichtert. Zum anderen funktioniert „Dreams“ ganz nach Social-Media-Prinzipien: Gefällt dir ein Projekt, kann ein Daumen bzw. ein Like hinterlassen werden. Dies sorgt dafür, dass das jeweilige Projekt mit größerer Wahrscheinlichkeit anderen Spielern vorgeschlagen wird. Auch gibt es die sogenannte „Halle der Legenden, in der in einem Ranking-System die spannendsten Kreationen ausgewählt werden und ihren Platz finden. Im „Community Jam“ finden Spieler wöchentlich wechselnde Projekte, die sich stets einem eigenen, ausgesuchten Thema widmen und von der Community bewertet werden können. Letztlich finden mit den „Impy Awards“ eigene „Dreams“-Awards statt, in welcher unter Kategorien wie „Bester Charakter“, „Bestes Gameplay“, „Beste Animation“, usw. Kreationen der Community ausgezeichnet werden. Dadurch wird neben dem allgemeinen Bewertungssystem noch eine zusätzliche Motivation für das Erstellen und Kreieren von Spielwelten geschaffen. Darüber hinaus steht eine umfangreiche Suchmaschine zur Verfügung, in der mithilfe einiger Filter dezidiert nach einzelnen Projekten und Projekt-Themen gesucht werden kann.
„Dreams“ sollte aber nicht als ein Sammelsurium an spannenden Projekten verstanden werden, in dem eine strukturierte Rangliste mit den „besten“ Beiträgen und ein konkretes Kategoriendenken stattfindet. Das Konzept von „Dreams“ entzieht sich genau diesem Genredenken – Grenzen und Einschränkungen werden nicht definiert und vielmehr ausgetestet und ausgereizt. Nicht die Struktur, sondern die bunte Unordnung macht den Reiz des Spielens aus. Natürlich hängt die Kreativität und die Qualität jeweils vom Entwickler ab, Creator-Games wie beispielsweise Mario Maker 2 oder eben auch LittleBigPlanet konnten in jüngster Vergangenheit jedoch eindrucksvoll unter Beweis stellen, dass die größte Kreativität im Kollektiv der Spielergemeinde steckt. Dieselbe Hoffnung haben auch die Entwickler von Media Molecule, dafür muss aber bestmögliche Arbeit geleistet werden, um den Einstieg so angenehmen, problemlos und interessant wie möglich zu gestalten. Nach jetzigem Stand befinden sich „Dreams“ aber auf einem sehr guten Weg, die Hürde möglichst tief zu halten. „Traumsurfen“ dürfte demnach für den Großteil der Spieler den Kern von „Dreams“ ausmachen. So können gerne mal mehrere Spielstunden dabei verbracht werden, sich den verrücktesten Projekten zu widmen, die zwar gameplaytechnisch meist einige Defizite aufweisen, in ihrem Unterhaltungswert aber enormes Potential beinhalten. Bereits jetzt stehen schon einige Projekte zur Verfügung, die eine ganz eigene, stimmige und persönliche Atmosphäre besitzen, von der im Mainstream-Genre eigentlich nur „geträumt“ werden dürfte.
Traumformen
Der zweite große Spielmodus ist das sogenannte „Traumformen“: Hier können die Spieler selbst zu Werke schreiten und eigene Projekte realisieren und veröffentlichen. Die enorme Komplexität und die Vielzahl an Erstellungsmöglichkeiten lassen vermuten, dass die Projektbearbeitung nur für erfahrene Game-Designer gedacht ist. „Dreams“ schafft es jedoch, durch einige simple Tutorial-Ideen auch Anfängern einen Zugang zu gewähren. Auch hier kommt die Motion-Funktion des Controllers zum Tragen. Damit können nämlich Bewegungen vorgemacht, die folgend dann auf das ausgewählte Objekt übertragen werden. Soll zum Beispiel eine Tür geöffnet werden, so kann man die eingespielte Bewegung aus Vorlage übernehmen. Auch können nach diesem Prinzip Angriffe von Figuren simuliert werden. Des Weiteren gibt es bereits die Internetseite dreamschool.co.uk, auf der in Kurzvideos und Beiträgen Tipps für die Projekt-Erstellung zu finden sind. Das Einarbeiten in den Editor ist – wie zu erwarten – anfangs zwar ein wenig sperrig, in Anbetracht der daraus resultierenden Möglichkeit lässt sich der anfänglich Kraftakt aber verschmerzen. Spannend wird es dann, wenn man selbst auf neue Wege der Umsetzung und Erstellung gelangt, die sich alleine aus logischen Zusammenhängen ergeben. Dies dürfte aber erst nach mehreren Spielstunden der Fall sein, hebt das Motivationslevel aber nochmals entscheidend an.
In „Traumformen“ kommt auch der Kollektiv-Gedanke von „Dreams“ zum Vorschein. So können bereits erstellte Objekte von anderen Spielern für das eigene Projekt verwendet und genutzt werden. Such ein Spieler beispielsweise nach einem Skateboard und die damit einhergehende Mechanik, so kann diese von einem anderen Projekt implementiert und nach Wünschen bearbeitet werden. Dadurch können auch Projekte umgesetzt werden, für die eigentlich das nötige KnowHow fehlt, wodurch im Umkehrschluss die Spielauswahl ungemein an Qualität und Vielfalt gewinnt. Media Molecule will durch besagt Hilfestellungen und Tutorials die Hürde zum Erstellen eigener Inhalte so klein wie möglich halten, ohne die Komplexität zu verlieren. Natürlich zeigt sich erst im Laufe der Zeit, wo die Grenzen der Spielmechanik liegen, nach jetzigem Stand lässt sich jedoch festhalten, dass „Dreams“ einen problemlosen Zugang gewährleistet, wenngleich das Erstellen eigener Projekte und (je nach Größe Eigenanspruch) mehrere Stunden Arbeitszeit mit sich bringt. Für manche Spieler liegt genau darin der Reiz, Gelegenheitsspieler dürften von der aufzubringenden Zeit eventuell abgeschreckt werden, können sich stattdessen aber entspannt den Arbeiten der Community in „Traumsurfen“ hingeben. Spannend ist zudem, dass die Spiel-Projekte sowohl für den Single- als auch für den Multiplayer erstellt werden können. Natürlich könnte folgend der „Traumform“-Modus in seine Einzelheiten zerlegt und auf die umfangreiche Funktionalität getestet und analysiert werden, jedoch würde das der Komplexität nur im Ansatz gerecht werden, vielmehr wird die Spielergemeinde und die Zeit offenbaren, wo die Grenzen und Schwierigkeiten des Bearbeitungs-Modus liegen.
Erfahre hier, wie der Titel in unserer Wertung abgeschlossen hat.
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Erstellt von Rufus
Zuletzt online: 3 Jahre 8 Monate
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Test
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Aktualisiert
04. 03. 2020 um 13:47
04. 04. 2020 um 00:07
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