Schönheit kommt von Innen
Grafisch tut sich A Way Out leider zu den meisten Teilen etwas schwer und man sieht dem Koop-Spiel an, dass es sich um ein Indie-Entwicklerstudio handelt. Zwar sind die Gesichter und die damit verbundenen Emotionen meist gut getroffen, in Sachen Bewegung hakelt es jedoch häufig an der ein oder anderen Stelle. Gesten und Bewegungsabläufe wirken hölzern und verhindern einen reibungslosen Spielfluss. Zwar fällt das nicht allzu stark ins Gewicht, da viele wichtige Szenen ohnehin durch eine Cutscene dargestellt werden, stören kann es aber trotzdem. Glücklicherweise hat A Way Out aber in den actionreichen Sequenzen seine grafisch und spielerisch stärksten Momente. Seien es Schlägereien oder Autoverfolgungsjagden – extrem beeindruckende und raffinierte Kamerafahrten sowie Montagesequenzen sorgen für Freude und lassen die grafisch mittelmäßigen Einlagen schnell vergessen. Insgesamt darf man also kein visuelles Meisterwerk erwarten, vielmehr wissen filmische Handgriffe zu überzeugen und schaffen durchaus eine stimmige und runde Atmosphäre.
Zu zweit sparen
In Sachen Steuerung orientiert sich A Way Out stark an einem reibungslosen und simplen Spielverlauf. Die Steuerung ist unkompliziert und variiert oftmals zwischen den einzelnen Situationen. Quicktime-Events, Shooter Elemente oder Autofahrten – für Abwechslung ist gesorgt. Jedoch ist das Gameplay zu beinahe keinem Zeitpunkt wirklich anspruchsvoll und ein Scheitern ist nahezu unmöglich. In Anbetracht der stringent und lebendig erzählten Geschichte aber wenig verwunderlich oder gar störend, der Fokus liegt vielmehr auf der Story als auf einem nervenaufreibenden Spielanspruch. Auch die Checkpoints liegen nur wenige Augenblicke zurück und verhindern ebenfalls eine unnötige zeitliche Streckung der Geschichte. Zwar hätte A Way Out an der ein oder anderen Stelle den Schwierigkeitsgrad gerne doch etwas anziehen können, brenzlige Situationen entstehen aber trotzdem und fördern vor allem im Zweiergespann den Spielspaß. Erwähnenswert ist der Online-Modus, der es ermöglicht, das Spiel zu zweit zu spielen, obwohl nur ein Spieler im Besitz von A Way Out ist. Die Kaufentscheidung dürfte hiermit deutlich erleichtert werden, da somit umgerechnet nur der halbe Preis für das Spiel gezahlt werden muss.
Sind Videospiele die besseren Filme?
Dass Videospiele die Möglichkeit besitzen, eindrucksvolle und einzigartige Geschichten auf besondere Art und Weise erfahrbar zu machen, haben Spiele wie "Shadow of the Colossus" oder "The Last of Us" grandios beweisen können. Doch leider steht die Story oftmals eher im Hintergrund und ein möglichst actionreiches Spektakel wird einem inhaltlichen Tiefgang bevorzugt. Nicht umsonst befinden sich unter den zehn erfolgreichsten PlayStation-Spielen 2017 ganze 7 (!!) Sport-, Jump&Run- oder Survivalspiele, die allesamt nicht durch ihre großartige Story, sondern vielmehr durch ihr Gameplay und über Jahre angesammelte Popularität die Massen begeistern. Natürlich sollen Videospiele in erster Linie als Unterhaltungsmedium verstanden werden und eine Flucht aus dem Alltag ermöglichen, weswegen jedoch austauschbare Geschichten den Großteil der AAA-Titel bestimmten, bleibt ein Rätsel. Gerade Videospiele besitzen die Möglichkeit, den Zuschauer gleichzeitig zum Spieler und somit Teil der Story zu machen. Das Mitwirken auf das Geschehen ist im Kino beispielsweise gar nicht erst möglich und vielmehr die Teilhabe wird durch technische Hilfsmittel (3D, 4D) zu erreichen versucht. Umso erfreulicher, dass A Way Out versucht, die Möglichkeiten von Videospielen zu nutzen bzw. anzuwenden. Die Spieler werden nicht im Einzelnen, sondern in der Zweiergruppe zum Teil der Geschichte und dürfen diese (wenn auch nur kurzzeitig) sogar in ihrem Verlauf beeinflussen. Polarisierende Entwicklungen und ein Ende, dass zum Nachdenken anregt – A Way Out macht einen Schritt in die richtige Richtung.